Restrukturierungsbeispiel aus der Praxis Wie robust ist mein Unternehmen wirklich?

Deutschland wartet auf die Impfung. Schimpft ein wenig. Und wartet. Und hofft darauf, dass nach der Impfung alles wieder so wird wie früher. Ähnlich machen es viele mittelständische Unternehmen. Sie warten ab und hoffen – aber worauf? Jetzt wäre es höchste Zeit, die eigene Resilienz auf den Prüfstand zu stellen. Dazu reichen zwei Fragen: Wie kommt mein Unternehmen durch die Krise? Und wie geht es danach weiter?

Zugegeben, die Lage scheint, gelinde gesagt, etwas unübersichtlich: Noch immer ist vielen Unternehmern nicht klar, ob Ihr Unternehmen die Voraussetzungen für die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht erfüllen, die Antragsfrist wird ständig verlängert, die staatlichen Corona-Zuschüsse lassen vereinzelt weiter auf sich warten und die wesentlichen Bewilligungs-Kriterien des Bundeswirtschaftsministeriums – „solides Geschäft vor der Krise“ und „Fortsetzungsperspektive“ – werden durch die fast 500 Millionen Euro schwere Finanzspritze für Karstadt Kaufhof nicht gerade plausibler.

Die richtigen Fragen stellen – jetzt!

Nun könnte man sich darob verwundert die Augen reiben. Die Situation des eigenen Unternehmens ändern Inhaber und Geschäftsführer mit dieser Haltung allerdings nicht. Während in den vergangenen Wochen einige größere Unternehmen wie Adler, Arko & Co. die Chancen wahrnehmen und sich – wenn auch unter den ungünstigen Rahmenbedingungen einer Insolvenz – neu aufstellen, scheinen viele mittelständische Unternehmen in eine Art Lethargie verfallen zu sein.

Dabei wäre jetzt Eigeninitiative erste Pflicht des Unternehmers. Alles beginnt mit der simplen Frage: Wie resilient, vulgo robust, ist mein Unternehmen tatsächlich? Dabei geht es zum einen um die kurzfristige Perspektive in der Krisenzeit, zum anderen um die Zukunftsfähigkeit, beispielsweise bis 2030.

Wie kann ein Unternehmen die eigene Resilienz testen?

Aktuell geht es zunächst darum, die eigene Situation hinsichtlich Cash und Profitabilität zu überprüfen. Die Kernfrage: Wie krisenfest bin ich auf finanzieller Seite, welchen finanziellen Spielraum habe ich in Krisen-Szenarien unterschiedliche Ausprägung und Dauer? Viele Entscheider schauen dabei nur in die Finanz-Reports.

Dabei geht es unter anderem auch darum, wie profitabel die eigenen Produkte oder Dienstleistungen sind, ob die Organisationsstruktur passt, die Personalstruktur stimmt bis hin zu der Frage, wie stabil die Kette der Zulieferer ist? Aktuelles Beispiel: Bei Mercedes Benz sollen tausende Fahrzeuge nicht fertiggestellt und ausgeliefert werden können, weil der Zulieferer aus Asien coronabedingt seit Wochen keine Mikrochips für die Bordelektronik mehr liefern kann.

Wie kann mein Unternehmen vom StaRUG profitieren?

Im Übergangs-Szenario zur künftigen strategischen Ausrichtung stellt sich die Frage, wie das Unternehmen die Vorteile nutzen könnte, die das neue Unternehmensstabilisierungs- und Restrukturierungsgesetz StaRUG bietet.

Auch wenn für die Anfangsphase erwartet wird, dass eher größere Unternehmen die Chancen der veränderten gesetzlichen Rahmenbedingungen für Sanierung und Restrukturierung nutzen werden, bieten sich auf für kleinere und mittlere mittelständische Unternehmen gute Möglichkeiten, sich neu und zukunftssicher aufzustellen. Wichtig ist, die aktuelle Zeit zu nutzen, um in Ruhe prüfen zu können, welche Instrumente und Optionen genutzt werden können, die das StaRUG meinem Unternehmen bietet.

Habe ich das richtige Geschäftsmodell für die Kunden von Übermorgen?

Ist die aktuelle Situation beleuchtet und sind die wichtigsten Maßnahmen auf den Weg gebracht, geht es darum, den Blick in die Zukunft zu wagen. Vorsicht: Wird diese Aufgabe ernsthaft angegangen, kann plötzlich das gesamte Geschäftsmodell ins Wanken geraten. Die gute Nachricht: In der Natur wird aus der Raupe fast immer ein Schmetterling. Jüngstes Beispiel aus dem Wirtschaftsleben ist der einstige Weltmarktführer für Druckmaschinen Heideldruck. Durch den Zusammenbruch der Print-Medien geriet das einstige deutsche Vorzeigeunternehmen schon vor Jahren in große Bedrängnis. Nun verkündete das Management, dass man das eigene Know-how künftig für die Produktion von Schnelladegeräten von E-Automobilen einsetzen werde. Der Börsenkurs erlebte daraufhin einen Höhenflug.

Es geht fast immer um Beweglichkeit

Wenn es großen Unternehmen gelingt, ihre oftmals behäbige, weil durchoptimierte und äußerst komplexe Organisation auf einen völlig neuen Kurs zu bringen, sollte dies für mittelständische Unternehmen doch erst recht möglich sein. Erst nach vielen Diskussionen erinnern sich Inhaber und Geschäftsführer daran, dass es nicht zuletzt die Beweglichkeit der eigenen Organisation war, die in wichtigen Phasen der Unternehmensentwicklung einer der entscheidenden Wettbewerbsvorteile war.

Jahrzehntelang auf Kosten getrimmt

Natürlich gehört Mut dazu, das Fundament des Unternehmens grundsätzlich in Frage zu stellen. Und Spielräume. Auf finanzieller und unternehmerischer Ebene. Von beiden gibt es nicht erst durch die Corona-Krise sehr wenig. Schon seit Jahrzehnten beschäftigen sich viele Entscheider aus der mittelständischen Zulieferer-Industrie notgedrungen eher damit, wie sie den immer aggressiveren Niedrigpreis-Forderungen ihrer Großabnehmer gerecht werden könnten.

Die aktuelle Lage bietet daher Chancen. Auch, weil Großabnehmer sich ebenfalls in Frage stellen. Dadurch entstehen auch bei mittelständischen Unternehmen Chancen, dem Konzernkunden neue Produkte, Software oder Dienstleistungen anzubieten. Ganz nach dem Motto: „Ist es gut für meinen Kunden, ist es auch gut für mich.“

Ich wünsche Ihnen konstruktive Diskussionen, gute Ideen und die passenden Berater.

Bleiben Sie wie immer gesund und wachsam – schließlich geht es um Ihr Unternehmen!

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