Unternehmen in der Krise Mehr Butter-und-Brot oder Innovationen?

Viele Unternehmer glaubten noch zu Beginn dieses Jahres, auf die Herausforderungen der Digitalisierung adäquat zu reagieren. Projektteams beschäftigten sich mit agilen Arbeitsmethoden wie Scrum, Design Thinking oder Kanban. Dann kam der Lockdown. Und vieles veränderte sich noch viel schneller, als es selbst die fähigsten Experten vorhergesagt hatten.

Plötzlich war Home-Office kein Merkmal mehr für einen modernen Arbeitgeber, sondern conditio sine qua non. Video-Konferenzen: natürlich, und zwar mehrere pro Tag. Noch mehr Einkäufe online? Selbstverständlich! Lieferservice oder „To-Go“-Angebote von Spitzenrestaurants? Alles möglich. Corona wirkte wie ein Katalysator und beschleunigte viele Abläufe und Prozesse innerhalb kürzester Zeit.

Wie viel Bürofläche benötigt mein Unternehmen noch?

Nicht immer dreht sich alles um Digitalisierungsprojekte, auch mit unerwarteten Folgen der Umstellung müssen sich Unternehmen plötzlich beschäftigen: Wie viele Büroflächen benötigt mein Unternehmen in Zukunft, wenn flächendeckendes Home-Office gezeigt hat, dass mein Betrieb weiterhin funktioniert? Wie flexibel kann ich künftig Arbeitszeitmodelle gestalten? Kann ich dank dieser Neuerungen künftig als mittelständischer Arbeitgeber für Bewerber genauso attraktiv sein wie Start-ups und Großkonzerne?

Die richtigen Fragen schützen vor Insolvenz

Wenn Unternehmer allerdings glauben, dass sie all diese Neuerungen hervorragend organisiert haben und deshalb bereit für die Zukunft sind, ist das leider nur die halbe Wahrheit. In der Realität haben es viele mittelständische Unternehmen versäumt, neben allen erforderlichen operativen Umstellungen zu überprüfen, wie sie strategisch auf die veränderten Bedingungen reagieren müssen.

Je nach Branchenzugehörigkeit sind wichtige Kernfragen zu beantworten: Welche meiner „Bestseller“ sind auch nach der Krise noch erfolgreich? Gibt es in Zukunft noch klassische Messen? Finden Hauptversammlungen nur noch digital statt? Schließlich haben Aufsichtsräte haben gewisse Vorteile entdeckt, nicht mehr bis zu acht Stunden vor 10.000 Aktionären Rede und Antwort stehen zu müssen. Und wie sehen in Zukunft Kongresse aus? Wie kann ich von Veränderungen mit meinen Produkten und Dienstleistungen profitieren? Sind hierfür Veränderungen in meinem Unternehmen nötig? Welche Stellschrauben sind dabei entscheidend?

Ist mein Kunde morgen noch solvent?

Täglich haben wir Zugang zu neuen Informationen, die wir in unsere eigene Standortbestimmung einbeziehen müssen. Was neudeutsch „Design Thinking“ genannt wird, bedeutet nichts anderes, als verstärkt mit meinen Kunden zu kommunizieren. Womit beschäftigen sie sich? In welche Geschäftsbereiche wollen sie verstärkt investieren? Welche Bereiche wollen sie mittelfristig abbauen? Daraus kann ich als Unternehmer wichtige Rückschlüsse ziehen, zum Beispiel: Arbeite ich an den richtigen Neuerungen? Welche meiner besten Kunden von gestern sind auch meine besten Kunden von morgen? Oder entstehen vielleicht sogar neue Player am Markt?

Bleiben wir hierfür am Beispiel der bereits genannten Messen und Aktionärs-Hauptversammlungen: Vielleicht ist in Zukunft nicht mehr die Aktiengesellschaft mein Auftraggeber, sondern die Video-Gesellschaft – bisher immer nur einer der vielen Dienstleister einer HV – übernimmt in Zeiten der Online-HV die Rolle des General-Unternehmers. Sind meine Geschäftsbeziehungen, zum Beispiel als Messebauer, so gut, dass ich bei einer solchen Veränderung weiterhin im Geschäft bleibe? Ich kenne einige Messebau-Unternehmen, die schnell auf das Wegbrechen ihres Kerngeschäfts durch Corona reagiert haben. Sie passten ihre Produktion sehr schnell an und entwarfen CI-gerechte und technisch hochwertige Ständer für Desinfektionsmittel, setzen ganze Hygienekonzepte in Geschäften bis hin zu hybriden Messekonzepten um.

Stimmt die Gewichtung von Butter-und-Brot-Geschäft und Innovationen?

Solche Beispiele zeigen, dass Anpassungsfähigkeit und Agilität insbesondere für mittelständische Unternehmen unverzichtbar sind. Aus meiner Sicht steht diese eine Frage im Mittelpunkt: Stimmt in meinem Unternehmen das Verhältnis von Butter-und-Brot-Geschäft zu Innovationen? Dies betrifft die Investitionspolitik, Organisation, Produktion sowie alle Dienstleistungsbereiche. Erfolgreiche Unternehmer stellen sich diese Frage jeden Tag aufs Neue. Haben Sie sich diese Frage heute auch schon gestellt?

Für heute stelle ich Ihnen keine weiteren Fragen mehr. Nächste Woche geht es weiter mit meinen Beiträgen, wie mittelständische Unternehmen aus der Krise kommen können. Bis dahin freue ich mich über Ihre Kommentare, Fragen und Anregungen. Ansonsten gilt: Bleiben Sie gesund und wachsam – es geht schließlich um Ihr Unternehmen!

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