Insolvenzrecht StaRUG nimmt Geschäftsleitung bei Krisenprävention in die Pflicht

2020 konnten sich mehr Unternehmen vor der Insolvenz retten als gedacht. Die Unterstützungsmaßnahmen der Bundesregierung und die ausgesetzte Insolvenzantragspflicht haben Wirkung gezeigt. Für viele Unternehmen könnten die neuen Gesetze die letzten Rettungsanker für Sanierung und Restrukturierung sein. Die neuen Chancen sind jedoch auch mit neuen Pflichten verbunden.

Für kommendes Jahr rechnet der Verband der Vereine Creditreform mit einem Anstieg der Insolvenzen in Deutschland um 50% – 24.000 Insolvenzanträge würden für die Amtsgerichte einer wahren Flut gleichkommen. Als „Wellenbrecher“ könnte das SanInsFoG dienen, das Sanierung und Restrukturierung gefährdeter Unternehmen deutlich erleichtert. Allerdings sind mit dem Gesetz auch neue Anforderungen an die Geschäftsleitungen verbunden.

Krisenprävention ist Pflicht

Das Herzstück des SanInsFoG, das Unternehmensstabilisierungs- und Restrukturierungsgesetz StaRUG, sieht unter anderem neue Pflichten für die Geschäftsleitung vor, wenn es um vorbeugende Maßnahmen zur Abwehr von Krisen geht. Damit soll einer Verschleppung von Krisenbewältigung entgegengewirkt werden.

Im Mittelpunkt der Regelungen stehen Früherkennung und Management von Krisen. Geschäftsleiter sind demnach verpflichtet, Entwicklungen fortlaufend zu überwachen, die den Fortbestand ihres Unternehmens gefährden könnten. Diese Überwachung der Geschäftsentwicklung erfordert eine gute Dokumentation, um im Ernstfall einer Überprüfung standhalten zu können.

Ohne Dokumentation geht es nicht

Im Kern geht es darum, nachweisen zu können, dass die Geschäftsverhältnisse und Entwicklungen eines Unternehmens laufend überprüft und daraus entsprechende Maßnahmen abgeleitet werden. Dies bedeutet zwar einen erhöhten Aufwand, erfordert jedoch insbesondere bei kleineren Unternehmen keine aufwändige Organisationsstruktur.

Aus der Praxis weiß ich, dass die meisten Unternehmen bereits heute sehr genau wissen, wo eigene Stärken und Schwächen liegen, wie der Wettbewerb agiert und sich der Markt entwickelt. Allerdings fehlt es manchmal an entsprechenden Konsequenzen, und häufiger werden Beobachtungen und Maßnahmen nicht dokumentiert. Hier besteht demnach größerer Nachholbedarf.

In der Krise müssen Gegenmaßnahmen getroffen werden

Im StaRUG ist darüber hinaus geregelt, dass Geschäftsleitungen dazu verpflichtet sind, bei erkennbarem Gefährdungspotenzial Gegenmaßnahmen zu ergreifen. In der aktuell noch geltenden Regelung sind Geschäftsleiter in der frühen Phase der Krise noch nicht dazu verpflichtet Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Darüber hinaus ist im StaRUG festgelegt, dass die Aufsichtsorgane, beispielsweise Aufsichtsrat oder Beirat, über Art und Umfang der getroffenen Gegenmaßnahmen informiert werden müssen. Ein Verstoß gegen die neuen Pflichten wird empfindliche Strafen nach sich ziehen, wenn daraus ein Schaden entstanden ist.

Interessen der Gläubiger erhalten Vorrang

Dieser Schaden kann einen beträchtlichen Umfang erreichen, da das StaRUG bei einer drohenden Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens – der neue Prognosezeitraum beträgt 24 Monate – die Gläubigerinteressen in den Vordergrund rückt. Dadurch entsteht ein deutlich höheres Haftungsrisiko als bei einer „normalen“ Krisen-Früherkennung. Der einzige Ausweg: Eine rollierende Monatsplanung. Sie ermöglicht ein kontinuierliches Monitoring aller relevanten Kenngrößen und sichert zugleich die gesetzlich geforderte Dokumentation.

Welche Maßnahmen sind die „richtigen“?

Zu den Maßnahmen, die eine Geschäftsleitung im Interesse der Gläubiger künftig treffen muss, zählt unter anderem die Überprüfung, ob die Anwendung des präventiven Restrukturierungsrahmens Vorteile gegenüber traditionellen Maßnahmen bietet. Eine wichtige Rolle spielt dabei, wie viel Zeit dem Unternehmen bis zum Eintritt der Zahlungsunfähigkeit bleibt.

Zu einem frühen Zeitpunkt können beispielsweise „normale“ Maßnahmen aus der Sanierung wie die Schließung nicht profitabler Einheiten, die Bereinigung um nicht profitable Produkte oder die Trennung von Kundengruppen bestehen. Natürlich wird aber das Auslaufen einer Finanzierung in den nächsten 24 Monaten noch kein Anlass sein, sofort alle Register zu ziehen – solange eine Refinanzierung wahrscheinlich ist.

Fazit: Angesichts der Prognosen für 2021 ist es von großer Bedeutung, dass die Zahl der Insolvenzen in Deutschland durch verstärkte Maßnahmen wie Sanierung und Restrukturierung reduziert wird. Das SanInsFoG bietet hierzu neue, effektive Instrumente, verknüpft diese jedoch auch mit neuen Anforderungen an die Geschäftsleitungen. Insbesondere die Analyse, Prüfung, Dokumentation und die Definition von Maßnahmen zur Abwehr von Krisen stellt Geschäftsleitungen vor neue Aufgaben, deren Umfang und Tiefe noch nicht alle Beteiligten kennen. Es ist höchste Zeit, sich damit vertraut zu machen.

Bis nächste Woche. Dann werde ich SanInsFoG und StaRUG weiter beleuchten.

Bleiben Sie gesund und wachsam – es geht schließlich um Ihr Unternehmen.

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