Augen auf bei der Auswahl eines Chief Restructuring Officer Die klassische Restrukturierung hat (fast) ausgedient
Wir helfen Unternehmen aus der Krise, indem wir beispielsweise 3-Jahres-Pläne aufstellen, Effizienzen steigern und Working Capital stärken. So war das immer. Aber der Wandel, der viele unserer Kunden in Straucheln gebracht hat, kann auch an uns CRO’s nicht spurlos vorüber gehen. Das hohe Tempo, mit dem sich Kundenwünsche verändern und neue Wettbewerber entstehen, erfordert auch neue Wege in der Restrukturierung.
Durch die Pandemie haben viele Unternehmen ihre Transformationspläne zurück in die Schublade gesteckt. Aber nur vorläufig. Studien wie jüngst von Atreus und Nordantech zeigen, dass sehr viele Manager und Managerinnen einen erheblichen Restrukturierungs- und Transformationsbedarf formulieren. Dies betrifft vor allem Zukunftstechnologien und Geschäftsmodelle. Es besteht echter Handlungsdruck, vor allem bei der Geschwindigkeit der Umsetzung.
Handlungsdruck erfordert auch vom CRO neues Herangehen
Nun ist eine Transformation unter hohem Druck für Restrukturierer, Restrukturiererinnen und CRO‘s grundsätzlich nichts Neues. Wir sind es gewohnt, in Krisen-Situationen schnelle Entscheidungen zu forcieren. Die Geschwindigkeit, mit der sich aber inzwischen ganze Branchen grundlegend verändern, neue Wettbewerber entstehen und Kundenwünsche anscheinend über Nacht verändern, erfordert jedoch nicht nur für Unternehmen eine neue Herangehensweise, sondern auch für uns Restrukturierer und Restrukturiererinnen.
Der Blick in den Rückspiegel reicht bei der Restrukturierung nicht mehr aus
Unser klassisches Handwerk lief bisher – natürlich stark vereinfacht dargestellt – ungefähr so ab: Beim Blick in den Rückspiegel wurde klar, was ein Unternehmen besser machen kann. Im Mittelpunkt stand immer, zunächst die Effizienz zu steigern und das Working Capital zu stärken. Parallel entstand ein Gutachten, in dem das Leitbild des Unternehmens für die kommenden Jahre formuliert wurde. Wo der Fehler liegt? Erstens: Geschäftsprognosen selbst für drei Jahre sind angesichts des kontinuierlichen Wandels einfach nicht mehr zeitgemäß. Zweitens: Das, was ein Unternehmen bisher getan hatte, einfach nur unter dem Gesichtspunkt „schneller, höher und weiter“ zu optimieren, reicht schon längst nicht mehr aus. Restrukturierung heute bedeutet, natürlich weiterhin, Dinge zu verbessern und Kosten zu reduzieren, gleichzeitig aber auch, neue Geschäftsfelder zu entdecken und die Organisation fit für die – ungewisse – Zukunft zu machen.
Welche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden in Zukunft benötigt?
Ein wichtiger Bestandteil der neuen, besser gesagt erweiterten Aufgabe eines und einer CRO und Umsetzers ist es, das Leitbild des Unternehmens adaptierbar zu gestalten. Agilität und Resilienz sind dabei zwei hervorstechende Kriterien. Ein Beispiel: Bei einem erforderlichen Personalabbau wurde früher immer versucht, erfahrene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu halten und jüngere gehen zu lassen. Heute ist es jedoch erforderlich, diejenigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu halten, die das größte Potenzial für neue Prozesse, Dienstleistungen, Produkte und Geschäftsmodelle mitbringen. Die Frage muss jetzt also lauten: Welche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter brauchen wir morgen? Und nicht: Wen brauche ich heute nicht mehr?
CRO’s sollten ihre Herangehensweise hinterfragen
Aber ganz so einfach sind die Herausforderungen an eine zeitgemäße Restrukturierung leider nicht. Ein CRO sollte seine Herangehensweise eher grundsätzlich hinterfragen. Keine Restrukturiererin und kein Restrukturierer kann ernsthaft behaupten, dass ein Sanierungskonzept mit einem fixen Horizont von drei Jahren den gewünschten Erfolg bringen wird. Dies rüttelt natürlich am tradierten Selbstbild unseres „Handwerks“: Als Umsetzerinnen und Umsetzer führen wir ein Unternehmen mit klaren Vorgaben durch die Krise und behaupten, dass wir wissen, was richtig ist. Hand aufs Herz: Klare Vorgaben sind wichtig und richtig, aber die Zukunft vorhersagen können wir einfach nicht mehr.
Wie agil ist eigentlich Ihre Restrukturierungsberatung?
Aber was können wir besser machen? Vorneweg: Unsere klassische Aufgabe bleibt die Gleiche: Wir müssen Unternehmen auch weiterhin in die Effizienz bringen. Parallel dazu müssen auch wir als Restrukturiererinnen und Restrukturierer agiler werden – so, wie wir das auch von unseren Unternehmenskunden verlangen. Dazu gehört beispielsweise, unsere Netzwerke anders denken: Strategisch am Kundennutzen orientierte Ökosysteme helfen uns dabei, die richtigen, das heißt fachlich und menschlich bestgeeigneten Expertinnen und Experten, mit an Bord zu holen, um Spezialaufgaben zu lösen. Dies erfordert von uns Vertrauen und Offenheit gegenüber neuen Ideen – ehrlich gesagt war das bisher nicht gerade die klassische Kernkompetenz von Beraterinnen und Beratern.
Fehler zulassen ist (noch) keine klassische CRO-Kompetenz
Aber es geht noch weiter: Wir können nicht weiterhin ausschließlich „top down“ arbeiten und kommunizieren. Ein Unternehmen agil und resilient zu machen bedeutet auch, Fehler zuzulassen – was für Restrukturiererinnen und Restrukturierer bisher absolut undenkbar war. Wir sind keine Agile-Coaches. Aber wir sollten künftig welche mit an Bord holen.
Eine zukunftsorientierte Restrukturierung kann nur „beidhändig“ gelingen
Diese neuen Herausforderungen können Restrukturiererinnen und Restrukturierer bewältigen, indem sie künftig „beidhändig“ führen: Mit einer Hand die klassischen Effizienzmaßnahmen steuern, mit der anderen – sozusagen zweiten rechten - Hand neue Wege aufzeigen. In der Fachwelt heißt das „Ambidextrie“.
Mehr zu neuen Wegen in der Restrukturierung in meinem kommenden Beitrag. Dann geht es um Expertise in der IT. Bis dahin gilt: Bleiben Sie gesund und wachsam!